Unbequeme Wahrheiten

Jeder weiß es, als Verkäuferin eigne ich mich nicht besonders. Ich bin weder besonders gut darin, Leuten was aufzuschwatzen, sie von Dingen zu überzeugen, oder bei diesem Kunde-ist-König-Ding.
Ich stehe hinter dem, was ich tue und weiß, welche Arbeit ich leiste und ja, als Ladenbesitzerin bin ich näher an meinen Produkten und am Kunden dran, als eine bloße Angestellte. Deshalb ärgere ich mich wohl auch mehr, wenn Kunden sich abschätzig verhalten, an Dingen, die ich liebevoll aufgearbeitet und mit ihren Fehlern zu lieben gelernt habe rumkritteln, die fehlende Auswahl bemängeln oder bei eh schon günstigen Preisen noch handeln wollen.
Und ja, dann spreche ich mein Missfallen darüber auch aus und leider werde ich dabei oft emotional.
Paradoxerweise möchte ich gleichzeitig glückliche Kunden haben. Niemandem bringt ein negatives Kauferlebnis etwas. Ich möchte nicht, dass jemand Jahre später noch in sein Spieleregal guckt und denkt: „Oar, das habe ich damals bei der zickigen Alten gekauft, die mir keinen Rabatt geben wollten, obwohl da ein Aufkleberrest in der Ecke ist.“
Was also tun? Den Ärger über den unbequemen Kunden herunterschlucken, damit nur einer von beiden einen miesen Tag hat, ihn sachlich auf sein Fehlverhalten hinweisen, obwohl einem bewusst ist, dass es keine Einsicht bringt, oder laut vor sich hinzetern und den Kunden der Tür verweisen, weil er es gar nicht wert ist, irgendetwas aus deinem Laden mit nach Hause zu nehmen? OK, ich übertreibe, aber ich habe immer ein schlechtes Gefühl, wenn jemand mit seinem Kauf unzufrieden nach Hause geht, dann lieber nichts kaufen, uns noch eine schlechte Bewertung reinknallen und sich in diversen Foren darüber auslassen, wie es bei uns zugeht, nur weil man selber die gute Kinderstube vor der Tür gelassen hat. Klingt komisch, aber wenn man selber leidenschaftlicher Sammler ist und einen starken Bezug zu allem hat, ist irgendwie nicht nur das Objekt an sich wertvoll, sondern auch die „Art der Beschaffung“, da macht es halt nicht nur der gute Preis, sondern eventuell auch noch ein netter Kontakt, eine besondere Begebenheit oder eine unerwartete Situation. Umgekehrt geht es mir auch mit dem Verkaufen: Ich möchte ein nettes Gespräch führen, das Objekt in guten Händen wissen, wissen, dass meine Arbeit wertgeschätzt wird und der Kauf in guter Erinnerung bleibt. Ich weiß, ich verlange viel, aber nicht umsonsonst habe ich aus meiner Passion meinen Beruf gemacht.
Die meisten Kunden wissen diese Art der Leidenschaft zu schätzen, aber einige scheinen durch unpersönliche Großmärkte oder Internetshopping mittlerweile etwas abgestumpft zu sein und das macht sich oft in ruppigem Verhalten und bloßer Fixierung auf Preise bemerkbar. Dagegen kann ich schwerlich etwas unternehmen, aber ich werde weiterhin ehrlich sagen, wenn ich ein Verhalten für nicht angemessen halte, auch wenn ich dann die „zickige Alte, die nichts verkaufen will“ bin, denn auch ihr dürft ehrlich eure Meinung äußern 🙂